Du stehst in der Küche, das Baby schreit, das Telefon klingelt und dein Herz rast. Dein Körper ist im Dauerstress-Modus und du spürst, wie sich alles in dir zusammenzieht. Kennst du das Gefühl, wenn dein Nervensystem einfach nicht mehr runterfahren will? Die gute Nachricht: Du kannst aktiv gegensteuern – und zwar schneller, als du denkst.
Warum dein Nervensystem überhaupt beruhigt werden muss
Als Mutter bist du ständig in Alarmbereitschaft. Dein sympathisches Nervensystem – zuständig für die Kampf-oder-Flucht-Reaktion – arbeitet oft auf Hochtouren. Das ist evolutionär sinnvoll, um dein Kind zu schützen, aber chronisch aktiviert macht es dich erschöpft, gereizt und anfällig für Burnout.
Dein parasympathisches Nervensystem ist der Gegenspieler: Es aktiviert den Entspannungsmodus, senkt Herzfrequenz und Blutdruck, fördert Verdauung und Regeneration. Die folgenden drei Schritte helfen dir, diesen Ruhe-Nerv gezielt zu aktivieren – auch mitten im Chaos.

Schritt 1: Box-Atmung – dein Anker in stürmischen Momenten
Die Box-Atmung ist eine der effektivsten Atemtechniken, um dein Nervensystem innerhalb von Minuten zu beruhigen. Sie reguliert deinen Atemrhythmus und signalisiert deinem Körper: Alles ist sicher, du darfst entspannen.
So funktioniert die Box-Atmung
Stell dir ein Quadrat vor und atme entlang seiner Seiten:
- 4 Sekunden einatmen durch die Nase
- 4 Sekunden Atem anhalten
- 4 Sekunden ausatmen durch den Mund
- 4 Sekunden Pause vor dem nächsten Einatmen
Wiederhole diesen Zyklus 5-10 Mal. Du kannst diese Übung überall machen: beim Stillen, im Auto vor dem Einkaufen, oder abends im Bett. Dein Atem wird ruhiger, dein Puls sinkt, und du spürst, wie sich deine Schultern senken.
Warum Box-Atmung so kraftvoll ist
Bewusste Atemübungen aktivieren den Vagusnerv – den Hauptnerv deines parasympathischen Systems. Studien zeigen, dass bereits wenige Minuten bewusster Atmung Stresshormone wie Cortisol reduzieren und das Gefühl von innerer Ruhe fördern. Für gestresste Mütter ist das wie ein Reset-Knopf für Körper und Geist.

Schritt 2: Sanftes Wiegen – Bewegung, die tröstet
Erinnerst du dich, wie du dein Baby wiegst, um es zu beruhigen? Diese sanfte, rhythmische Bewegung wirkt nicht nur auf dein Kind – sie beruhigt auch dein Nervensystem. Das Wiegen oder Schaukeln ist eine uralte, körperliche Strategie zur Entspannung.
Wie du Wiegen für dich nutzt
Du brauchst keinen Schaukelstuhl (auch wenn der wunderbar ist). Probiere diese Varianten:
- Im Sitzen: Setze dich auf einen Stuhl oder den Boden und wiege deinen Oberkörper sanft vor und zurück
- Im Stehen: Stehe hüftbreit, verlagere dein Gewicht langsam von einem Bein aufs andere
- Mit deinem Kind: Nimm dein Baby oder Kleinkind in den Arm und wiege euch gemeinsam – ihr profitiert beide
Die Bewegung sollte langsam, rhythmisch und sanft sein. Schließe dabei gerne die Augen und spüre, wie dein Körper sich entspannt. Schon 2-3 Minuten reichen aus, um eine spürbare Beruhigung zu erleben.
Die Wissenschaft hinter der Bewegung
Rhythmische Bewegungen aktivieren das vestibuläre System (Gleichgewichtssinn) und senden beruhigende Signale an dein Gehirn. Dein Nervensystem interpretiert diese gleichmäßigen Bewegungen als Zeichen von Sicherheit. Gleichzeitig wird Oxytocin ausgeschüttet – das Kuschelhormon, das Stress abbaut und Verbundenheit fördert.

Schritt 3: Die Selbst-Umarmung – Halt geben, wenn du allein bist
Manchmal brauchst du einfach eine Umarmung – aber niemand ist da. Die Selbst-Umarmung aus der Traumatherapie ist eine wunderbar tröstliche Übung, die dir sofort Halt und Geborgenheit schenkt, auch wenn du gerade ganz allein bist.
So machst du die Selbst-Umarmung
Diese Übung dauert nur 1-2 Minuten und kann überall durchgeführt werden:
- Kreuze deine Arme vor der Brust und lege jede Hand auf die gegenüberliegende Schulter oder Oberarm
- Drücke dich sanft, als würdest du dich selbst umarmen
- Klopfe oder streiche abwechselnd mit den Händen über deine Arme (links-rechts-links-rechts)
- Atme dabei ruhig und tief
- Sage dir innerlich etwas Liebevolles wie: "Ich bin hier für mich" oder "Ich darf mich ausruhen"
Diese Übung wirkt besonders gut in Momenten von Überforderung, Einsamkeit oder wenn du das Gefühl hast, dass alles zu viel wird.
Warum Selbstberührung so heilsam ist
Die bilaterale Stimulation (abwechselndes Klopfen links-rechts) beruhigt dein Nervensystem und hilft, emotionale Belastungen zu verarbeiten. Gleichzeitig aktiviert sanfte Berührung Rezeptoren in deiner Haut, die Signale an dein Gehirn senden: Du bist sicher, du bist nicht allein. Das fördert Gelassenheit und emotionale Stabilität – gerade in stressigen Phasen des Mamalebens.

Wie du diese 3 Schritte in deinen Alltag integrierst
Du musst nicht alle drei Techniken auf einmal anwenden. Beginne mit der, die sich für dich am natürlichsten anfühlt, und baue sie in deinen Tag ein:
- Morgens: Starte mit 5 Runden Box-Atmung, bevor du aufstehst
- Zwischendurch: Nutze das Wiegen, während du dein Kind trägst oder in der Warteschlange stehst
- Abends: Gib dir eine Selbst-Umarmung vor dem Schlafengehen als Ritual der Selbstfürsorge
- In Krisen: Kombiniere alle drei: Atme, wiege dich, umarme dich – dein Nervensystem wird es dir danken
Je öfter du diese Übungen praktizierst, desto schneller wird dein Körper darauf reagieren. Mit der Zeit wird es zur zweiten Natur, dich selbst zu regulieren – eine unschätzbare Fähigkeit für jede Mutter.
Dein Nervensystem ist trainierbar
Das Schöne an diesen drei Schritten ist: Sie kosten nichts, brauchen keine Ausrüstung und funktionieren überall. Du musst nicht perfekt sein, nicht stundenlang meditieren oder dein Leben umkrempeln. Manchmal reichen fünf bewusste Atemzüge, ein sanftes Wiegen oder eine liebevolle Selbst-Umarmung, um aus dem Stress-Modus herauszukommen.
Dein Nervensystem ist wie ein Muskel – je mehr du es trainierst, sich zu beruhigen, desto leichter fällt es dir. Und das Beste: Indem du für dich sorgst, zeigst du auch deinen Kindern, wie wichtig Selbstfürsorge ist. Du bist nicht nur eine bessere Mutter, wenn du entspannt bist – du bist auch ein wundervolles Vorbild.
Probiere heute noch eine dieser Übungen aus. Dein Nervensystem wartet darauf, endlich durchatmen zu dürfen.
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