Du liegst nachts wach, die Hand auf deinem Bauch, und spürst, wie sich dein Körper verändert. Vielleicht fragst du dich: Wie werde ich die Geburt schaffen? Wie kann ich meinem Körper helfen? Die gute Nachricht: Du trägst bereits ein mächtiges Werkzeug in dir – deinen Atem. Mit den richtigen Atemtechniken kannst du nicht nur deine Schwangerschaft entspannter erleben, sondern auch die Geburt aktiv mitgestalten.

Warum Atmung in Schwangerschaft und Geburt so wichtig ist
Dein Atem ist weit mehr als nur Sauerstoffaufnahme. Er ist eine Brücke zwischen Körper und Geist, ein Werkzeug zur Selbstregulation und dein persönlicher Anker in intensiven Momenten. Während der Schwangerschaft versorgt bewusste Atmung dich und dein Baby optimal mit Sauerstoff und hilft dir, Verspannungen zu lösen.
Bei der Geburt wird dein Atem zum Rhythmus, der dich durch die Wehen trägt. Die Konzentration auf deine Atmung während der Wehe kann deine Schmerzwahrnehmung durch Ablenkung reduzieren – dein Gehirn fokussiert sich auf das Ein- und Ausatmen statt auf den Schmerz. Gleichzeitig aktiviert eine bewusste, langsame Ausatmung dein parasympathisches Nervensystem, was Entspannung fördert und Stress abbaut.
Besonders wichtig: Eine langsame, bewusste Ausatmung verhindert Hyperventilation und beugt Muskelverkrampfungen vor. Wenn du hektisch atmest, kann das zu Schwindel, Kribbeln in Händen und Füßen und zusätzlicher Anspannung führen – genau das Gegenteil von dem, was du während der Geburt brauchst.
Fünf kraftvolle Atemtechniken für deine Geburt
1. Zwerchfellatmung (Tiefe Bauchatmung)
Die Basis aller Atemtechniken. Tiefe Bauchatmung, bei der die Luft durch die Nase eingeatmet und durch den Mund ausgeatmet wird, ist eine empfohlene Atemtechnik während der Schwangerschaft und Geburt. Stell dir vor, du atmest bis zu deinem Baby hinunter – dein Bauch hebt sich beim Einatmen, senkt sich beim Ausatmen.
- Lege eine Hand auf deinen Bauch, eine auf deine Brust
- Atme langsam durch die Nase ein (4 Sekunden), spüre, wie sich dein Bauch hebt
- Atme durch den Mund aus (6-8 Sekunden), lass deinen Bauch sanft sinken
- Die Hand auf dem Bauch sollte sich mehr bewegen als die auf der Brust
Wann nutzen? Perfekt für die frühe Wehenphase, zum Einschlafen in der Schwangerschaft und immer, wenn du zur Ruhe kommen möchtest.

2. Gemusterte Atmung (Rhythmische Atmung)
Diese Technik gibt dir einen festen Rhythmus, an dem du dich festhalten kannst. Du atmest in einem gleichmäßigen Muster ein und aus – zum Beispiel: einatmen (1-2-3), ausatmen (1-2-3-4-5). Das Muster kannst du selbst wählen, wichtig ist nur: Das Ausatmen sollte länger dauern als das Einatmen.
- Wähle ein Muster, das sich für dich natürlich anfühlt (z.B. 3-5, 4-6 oder 2-4)
- Zähle innerlich mit oder lass deinen Partner/deine Hebamme mitzählen
- Bleibe bei deinem Rhythmus, auch wenn die Wehe stärker wird
Wann nutzen? Ideal für die aktive Wehenphase, wenn die Kontraktionen intensiver werden und du einen stabilen Anker brauchst.
3. Gepacte Atmung (Hee-Hee-Hoo)
Eine leichtere, schnellere Atmung für sehr intensive Momente. Du atmest zweimal kurz ein (hee-hee) und einmal länger aus (hoo). Diese Technik verhindert, dass du zu früh presst, wenn der Muttermund noch nicht vollständig geöffnet ist.
- Atme zweimal kurz durch die Nase oder den Mund ein: "hee-hee"
- Atme einmal länger und bewusst aus: "hoooo"
- Halte den Rhythmus leicht und oberflächlich, aber kontrolliert
Wann nutzen? In der Übergangsphase, wenn du starken Pressdrang verspürst, aber noch warten musst.

4. Boxatmung (Quadrat-Atmung)
Eine beruhigende Technik, die dir hilft, zwischen den Wehen wieder zu dir zu finden. Du atmest in vier gleichen Schritten: einatmen – halten – ausatmen – halten.
- Atme 4 Sekunden lang ein
- Halte den Atem 4 Sekunden
- Atme 4 Sekunden lang aus
- Halte 4 Sekunden (leer)
- Wiederhole das Muster
Wann nutzen? Zwischen den Wehen, um dich zu zentrieren und neue Kraft zu sammeln. Auch wunderbar bei Ängsten oder Unruhe in der Schwangerschaft.
5. Die 4-7-8 Atmung
Eine besonders entspannende Technik, die das Nervensystem beruhigt. Du atmest 4 Sekunden ein, hältst 7 Sekunden und atmest 8 Sekunden aus. Ein langes Ausatmen, das länger dauert als das Einatmen, hilft, Entspannung zu fördern und die Sauerstoffversorgung zu verbessern.
- Atme durch die Nase ein und zähle bis 4
- Halte den Atem und zähle bis 7
- Atme durch den Mund aus und zähle bis 8
- Wiederhole 3-4 Zyklen
Wann nutzen? Perfekt zum Einschlafen, bei Angstzuständen oder in ruhigeren Momenten der frühen Wehenphase.
Atemtechniken in den verschiedenen Geburtsphasen anwenden
Jede Phase der Geburt hat ihre eigenen Anforderungen – und die passende Atemtechnik kann den Unterschied machen.

Frühe Wehenphase (Latenzphase)
Die Wehen sind noch unregelmäßig und erträglich. Nutze diese Zeit, um Energie zu sparen:
- Zwerchfellatmung: Bleib entspannt, atme tief und ruhig
- 4-7-8 Atmung: Wenn du nervös wirst oder nicht schlafen kannst
- Bewege dich frei, nimm ein Bad, ruhe dich aus
Aktive Wehenphase
Die Wehen werden regelmäßiger und intensiver (alle 3-5 Minuten). Jetzt brauchst du Fokus:
- Gemusterte Atmung: Finde deinen Rhythmus und bleib dabei
- Boxatmung: Zwischen den Wehen zur Regeneration
- Töne beim Ausatmen können helfen: "Ooooh" oder "Aaaah" – diese Töne können ganz intuitiv kommen und dir Erleichterung verschaffen
Übergangsphase
Die intensivste Phase – die Wehen sind sehr stark und dicht aufeinander. Du fühlst vielleicht Pressdrang, aber der Muttermund ist noch nicht ganz offen:
- Gepacte Atmung (Hee-Hee-Hoo): Verhindert zu frühes Pressen
- Kurze, kontrollierte Atemzüge
- Lass dich von deiner Hebamme oder deinem Partner anleiten
Pressphase
Jetzt darfst du aktiv mitarbeiten. Atme tief ein, halte kurz und presse mit der Ausatmung – oder folge deinem Körper intuitiv. Viele Frauen finden ihren eigenen Rhythmus, wenn sie auf ihren Körper hören.

Sicherheitshinweise und häufige Probleme
Auch wenn Atemübungen sicher und natürlich sind, gibt es ein paar Dinge zu beachten:
- Schwindel: Wenn dir beim Üben schwindelig wird, atmest du möglicherweise zu schnell oder zu tief. Mach eine Pause, atme normal weiter und verlangsame beim nächsten Versuch das Tempo.
- Kribbeln in Händen/Füßen: Ein Zeichen von Hyperventilation. Atme in deine Hände oder eine Papiertüte, um das CO₂-Gleichgewicht wiederherzustellen.
- Übelkeit: Kann bei sehr tiefer Atmung auftreten. Atme etwas flacher und mach Pausen.
- Verkrampfung: Wenn du merkst, dass du die Schultern hochziehst oder den Kiefer anspannst, atme bewusst in diese Bereiche und lass beim Ausatmen los.
Wichtig: Übe die Techniken bereits in der Schwangerschaft, damit sie dir bei der Geburt in Fleisch und Blut übergehen. 5-10 Minuten täglich reichen aus, um Sicherheit zu gewinnen.
Deine Atmung, deine Kraft
Atemtechniken sind keine Zauberei – aber sie sind ein kraftvolles Werkzeug, das dir hilft, mit deinem Körper zu arbeiten statt gegen ihn. Jede Frau findet ihre eigene Atemweise, die zu ihr passt. Manche lieben die strukturierte Boxatmung, andere schwören auf intuitive Töne und tiefe Bauchatmung.
Das Wichtigste: Sei geduldig mit dir selbst. Es ist völlig normal, wenn du während der Geburt zwischen verschiedenen Techniken wechselst oder eine ganz eigene Atmung entwickelst. Dein Körper weiß, was er braucht – die Atemübungen geben dir nur das Handwerkszeug, um ihm zu vertrauen.
Tipp: Erstelle dir Erinnerungskarten mit deinen Lieblingstechniken und packe sie in deine Kliniktasche. Bitte deinen Partner oder deine Begleitperson, dich während der Geburt sanft an deine Atmung zu erinnern, wenn du den Fokus verlierst. Manchmal reicht ein ruhiges "Atme mit mir" oder ein gemeinsames Zählen, um dich zurück in deinen Rhythmus zu bringen.
Du schaffst das – ein Atemzug nach dem anderen.
Medical Disclaimer
The information provided in this article is for educational purposes only and is not intended as a substitute for professional medical advice, diagnosis, or treatment. Always seek the advice of your physician or other qualified health provider with any questions you may have regarding a medical condition. Never disregard professional medical advice or delay in seeking it because of something you have read on this website.
Similar Posts
4-7-8 Atemtechnik: In 90 Sekunden von Schwangerschaftsangst zu innerer Ruhe
Dein Herz rast, die Gedanken kreisen – Schwangerschaftsängste können überwältigend sein. Die 4-7-8 Atemtechnik ist dein ...
Schlaflosigkeit im dritten Trimester: 8 erprobte Strategien für endlich erholsame Nächte
64 Prozent aller Schwangeren schlafen im dritten Trimester schlecht. Erfahre, warum dein Körper nachts keine Ruhe findet...
10 sanfte Wege, wie du Geburtsschmerzen natürlich linderst – ohne Angst
Die Angst vor Geburtsschmerzen ist völlig normal – doch du bist ihr nicht ausgeliefert. Entdecke 10 natürliche, wissensc...
10 natürliche Methoden gegen Geburtsschmerzen – die dich wirklich stärken
Die Angst vor Geburtsschmerzen begleitet viele werdende Mütter. Doch es gibt wirksame, natürliche Wege, die Schmerzen zu...