Du liegst nachts wach, die Hand auf deinem Bauch, und spürst, wie sich dein Körper verändert. Vielleicht fragst du dich: Wie werde ich die Geburt schaffen? Wie kann ich meinem Körper helfen? Die gute Nachricht: Du trägst bereits ein mächtiges Werkzeug in dir – deinen Atem. Mit den richtigen Atemtechniken kannst du nicht nur deine Schwangerschaft entspannter erleben, sondern auch die Geburt aktiv mitgestalten.

Soft watercolor painting in warm peach, lavender and sage green tones showing a pregnant woman sitting cross-legged on a wooden floor beside a sunlit window at golden hour, one hand gently resting on her belly, eyes peacefully closed, practicing deep breathing, surrounded by soft cushions and a potted fern, peaceful morning light streaming through sheer curtains, serene and intimate atmosphere, painted with delicate brush strokes and gentle color transitions

Warum Atmung in Schwangerschaft und Geburt so wichtig ist

Dein Atem ist weit mehr als nur Sauerstoffaufnahme. Er ist eine Brücke zwischen Körper und Geist, ein Werkzeug zur Selbstregulation und dein persönlicher Anker in intensiven Momenten. Während der Schwangerschaft versorgt bewusste Atmung dich und dein Baby optimal mit Sauerstoff und hilft dir, Verspannungen zu lösen.

Bei der Geburt wird dein Atem zum Rhythmus, der dich durch die Wehen trägt. Die Konzentration auf deine Atmung während der Wehe kann deine Schmerzwahrnehmung durch Ablenkung reduzieren – dein Gehirn fokussiert sich auf das Ein- und Ausatmen statt auf den Schmerz. Gleichzeitig aktiviert eine bewusste, langsame Ausatmung dein parasympathisches Nervensystem, was Entspannung fördert und Stress abbaut.

Besonders wichtig: Eine langsame, bewusste Ausatmung verhindert Hyperventilation und beugt Muskelverkrampfungen vor. Wenn du hektisch atmest, kann das zu Schwindel, Kribbeln in Händen und Füßen und zusätzlicher Anspannung führen – genau das Gegenteil von dem, was du während der Geburt brauchst.

Fünf kraftvolle Atemtechniken für deine Geburt

1. Zwerchfellatmung (Tiefe Bauchatmung)

Die Basis aller Atemtechniken. Tiefe Bauchatmung, bei der die Luft durch die Nase eingeatmet und durch den Mund ausgeatmet wird, ist eine empfohlene Atemtechnik während der Schwangerschaft und Geburt. Stell dir vor, du atmest bis zu deinem Baby hinunter – dein Bauch hebt sich beim Einatmen, senkt sich beim Ausatmen.

  • Lege eine Hand auf deinen Bauch, eine auf deine Brust
  • Atme langsam durch die Nase ein (4 Sekunden), spüre, wie sich dein Bauch hebt
  • Atme durch den Mund aus (6-8 Sekunden), lass deinen Bauch sanft sinken
  • Die Hand auf dem Bauch sollte sich mehr bewegen als die auf der Brust

Wann nutzen? Perfekt für die frühe Wehenphase, zum Einschlafen in der Schwangerschaft und immer, wenn du zur Ruhe kommen möchtest.

Watercolor illustration in soft blues and warm yellows showing a simple step-by-step breathing guide panel: four sequential images of a woman demonstrating diaphragmatic breathing, with gentle arrows indicating breath flow direction, numbers 1-2-3-4 marking inhale counts and 1-2-3-4-5-6 marking exhale counts, painted in a clean instructional style with hand-drawn labels reading INHALE and EXHALE, educational and calming visual design

2. Gemusterte Atmung (Rhythmische Atmung)

Diese Technik gibt dir einen festen Rhythmus, an dem du dich festhalten kannst. Du atmest in einem gleichmäßigen Muster ein und aus – zum Beispiel: einatmen (1-2-3), ausatmen (1-2-3-4-5). Das Muster kannst du selbst wählen, wichtig ist nur: Das Ausatmen sollte länger dauern als das Einatmen.

  • Wähle ein Muster, das sich für dich natürlich anfühlt (z.B. 3-5, 4-6 oder 2-4)
  • Zähle innerlich mit oder lass deinen Partner/deine Hebamme mitzählen
  • Bleibe bei deinem Rhythmus, auch wenn die Wehe stärker wird

Wann nutzen? Ideal für die aktive Wehenphase, wenn die Kontraktionen intensiver werden und du einen stabilen Anker brauchst.

3. Gepacte Atmung (Hee-Hee-Hoo)

Eine leichtere, schnellere Atmung für sehr intensive Momente. Du atmest zweimal kurz ein (hee-hee) und einmal länger aus (hoo). Diese Technik verhindert, dass du zu früh presst, wenn der Muttermund noch nicht vollständig geöffnet ist.

  • Atme zweimal kurz durch die Nase oder den Mund ein: "hee-hee"
  • Atme einmal länger und bewusst aus: "hoooo"
  • Halte den Rhythmus leicht und oberflächlich, aber kontrolliert

Wann nutzen? In der Übergangsphase, wenn du starken Pressdrang verspürst, aber noch warten musst.

Delicate watercolor scene in warm terracotta, dusty rose and cream tones depicting a pregnant African woman in late afternoon light, kneeling on a yoga mat in her living room, hands resting on her thighs, practicing box breathing with eyes gently closed, beside her a small table with a burning candle and a glass of water, cozy home setting with a knitted blanket draped over a nearby chair, painted with soft edges and peaceful energy

4. Boxatmung (Quadrat-Atmung)

Eine beruhigende Technik, die dir hilft, zwischen den Wehen wieder zu dir zu finden. Du atmest in vier gleichen Schritten: einatmen – halten – ausatmen – halten.

  • Atme 4 Sekunden lang ein
  • Halte den Atem 4 Sekunden
  • Atme 4 Sekunden lang aus
  • Halte 4 Sekunden (leer)
  • Wiederhole das Muster

Wann nutzen? Zwischen den Wehen, um dich zu zentrieren und neue Kraft zu sammeln. Auch wunderbar bei Ängsten oder Unruhe in der Schwangerschaft.

5. Die 4-7-8 Atmung

Eine besonders entspannende Technik, die das Nervensystem beruhigt. Du atmest 4 Sekunden ein, hältst 7 Sekunden und atmest 8 Sekunden aus. Ein langes Ausatmen, das länger dauert als das Einatmen, hilft, Entspannung zu fördern und die Sauerstoffversorgung zu verbessern.

  • Atme durch die Nase ein und zähle bis 4
  • Halte den Atem und zähle bis 7
  • Atme durch den Mund aus und zähle bis 8
  • Wiederhole 3-4 Zyklen

Wann nutzen? Perfekt zum Einschlafen, bei Angstzuständen oder in ruhigeren Momenten der frühen Wehenphase.

Atemtechniken in den verschiedenen Geburtsphasen anwenden

Jede Phase der Geburt hat ihre eigenen Anforderungen – und die passende Atemtechnik kann den Unterschied machen.

Watercolor infographic in gentle purple, mint green and coral tones showing three distinct phases of labor illustrated as flowing connected panels: early labor with a woman walking and breathing calmly labeled EARLY PHASE, active labor showing focused breathing with a partner support labeled ACTIVE PHASE, and transition phase with intense breathing pattern labeled TRANSITION, painted with soft watercolor washes and hand-lettered English labels, educational and supportive visual style

Frühe Wehenphase (Latenzphase)

Die Wehen sind noch unregelmäßig und erträglich. Nutze diese Zeit, um Energie zu sparen:

  • Zwerchfellatmung: Bleib entspannt, atme tief und ruhig
  • 4-7-8 Atmung: Wenn du nervös wirst oder nicht schlafen kannst
  • Bewege dich frei, nimm ein Bad, ruhe dich aus

Aktive Wehenphase

Die Wehen werden regelmäßiger und intensiver (alle 3-5 Minuten). Jetzt brauchst du Fokus:

  • Gemusterte Atmung: Finde deinen Rhythmus und bleib dabei
  • Boxatmung: Zwischen den Wehen zur Regeneration
  • Töne beim Ausatmen können helfen: "Ooooh" oder "Aaaah" – diese Töne können ganz intuitiv kommen und dir Erleichterung verschaffen

Übergangsphase

Die intensivste Phase – die Wehen sind sehr stark und dicht aufeinander. Du fühlst vielleicht Pressdrang, aber der Muttermund ist noch nicht ganz offen:

  • Gepacte Atmung (Hee-Hee-Hoo): Verhindert zu frühes Pressen
  • Kurze, kontrollierte Atemzüge
  • Lass dich von deiner Hebamme oder deinem Partner anleiten

Pressphase

Jetzt darfst du aktiv mitarbeiten. Atme tief ein, halte kurz und presse mit der Ausatmung – oder folge deinem Körper intuitiv. Viele Frauen finden ihren eigenen Rhythmus, wenn sie auf ihren Körper hören.

Warm watercolor painting in golden amber, soft pink and sage tones showing a close-up view of a pregnant Asian woman in a birthing pool at dusk, eyes closed in concentration, her partner gently holding her hand and whispering encouragement, steam rising softly from the water, dim candlelight creating a sacred intimate atmosphere, painted with flowing brushstrokes and emotional depth, low angle perspective emphasizing trust and connection

Sicherheitshinweise und häufige Probleme

Auch wenn Atemübungen sicher und natürlich sind, gibt es ein paar Dinge zu beachten:

  • Schwindel: Wenn dir beim Üben schwindelig wird, atmest du möglicherweise zu schnell oder zu tief. Mach eine Pause, atme normal weiter und verlangsame beim nächsten Versuch das Tempo.
  • Kribbeln in Händen/Füßen: Ein Zeichen von Hyperventilation. Atme in deine Hände oder eine Papiertüte, um das CO₂-Gleichgewicht wiederherzustellen.
  • Übelkeit: Kann bei sehr tiefer Atmung auftreten. Atme etwas flacher und mach Pausen.
  • Verkrampfung: Wenn du merkst, dass du die Schultern hochziehst oder den Kiefer anspannst, atme bewusst in diese Bereiche und lass beim Ausatmen los.

Wichtig: Übe die Techniken bereits in der Schwangerschaft, damit sie dir bei der Geburt in Fleisch und Blut übergehen. 5-10 Minuten täglich reichen aus, um Sicherheit zu gewinnen.

Deine Atmung, deine Kraft

Atemtechniken sind keine Zauberei – aber sie sind ein kraftvolles Werkzeug, das dir hilft, mit deinem Körper zu arbeiten statt gegen ihn. Jede Frau findet ihre eigene Atemweise, die zu ihr passt. Manche lieben die strukturierte Boxatmung, andere schwören auf intuitive Töne und tiefe Bauchatmung.

Das Wichtigste: Sei geduldig mit dir selbst. Es ist völlig normal, wenn du während der Geburt zwischen verschiedenen Techniken wechselst oder eine ganz eigene Atmung entwickelst. Dein Körper weiß, was er braucht – die Atemübungen geben dir nur das Handwerkszeug, um ihm zu vertrauen.

Tipp: Erstelle dir Erinnerungskarten mit deinen Lieblingstechniken und packe sie in deine Kliniktasche. Bitte deinen Partner oder deine Begleitperson, dich während der Geburt sanft an deine Atmung zu erinnern, wenn du den Fokus verlierst. Manchmal reicht ein ruhiges "Atme mit mir" oder ein gemeinsames Zählen, um dich zurück in deinen Rhythmus zu bringen.

Du schaffst das – ein Atemzug nach dem anderen.